top of page
Suche

Wahre Stille finden: Wie Meditation und psychologische Integration sich ergänzen

  • Autorenbild: Michi To
    Michi To
  • 4. Apr.
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: vor 3 Tagen



Viele Menschen beginnen mit Meditation, um innere Ruhe zu finden. Doch wer tiefer in die Praxis eintaucht, merkt schnell, dass Meditation weit mehr bewirken kann als nur Entspannung. Das "Nach-innen-Wenden" bringt oft verborgene Emotionen, alte Muster und tiefsitzende Prozesse an die Oberfläche. Gar nicht so unhäufig geschieht sogar ein Sich-in-Gedanken-verlieren oder ein Weggehen (Dissoziieren), also ein gar nicht-in-Kontakt-Sein.


Ablenkung vom Selbst

Viele von uns lernen schon früh, unangenehme Gefühle und den Kontakt zu unserem wahren Selbst zu vermeiden. Wir haben verschiedene adaptive Strategien entwickelt, um mit Überforderung, Schmerz, Angst, Hilflosigkeit und anderem umzugehen. Es gibt zur Entwicklung dieser Strategien unterschiedliche Überlegungen und Erklärungsmodelle. Zum Beispiel spricht Freud von Schutzmechanismen wie Verdrängung oder Rationalisieren, Reich spricht von körperlicher Panzerung, NARM spricht von Überlebensstrategien, im Enneagramm werden typenspezifische Strategien der Selbstvermeidung beschrieben, und in traumatherapeutischen Lehren wird u.a. von Dissoziation und Abspaltung als Schutzmechanismus gesprochen. Es kann ganz spannend und hilfreich sein, sich damit zu beschäftigen und sich sein eigenes Dilemma vor Augen zu führen.


Fakt ist, unsere Strategien führen zu unbewussten Mechanismen, die uns von unserem wahren Selbst und damit von unseren Gefühlen trennen und die zu Anspannungen im Körper führen. Diese Strategien stehen uns heute auf unserem Meditationskissen im Weg, wenn wir tiefere Erfahrungen (z. B. Stille und Frieden) machen möchten.


Passend zu unseren inneren Strategien ist zudem unsere äußere Welt oft gefüllt mit Ablenkungen, die die Trennung vom Selbst noch fördern. Zu nennen wären beispielsweise Reizüberflutungen, exzessives Arbeiten oder die Ablenkung durch digitale Medien.


Der Beobachter – Freund oder Feind

In vielen Meditationspraktiken wird die sogenannte Beobachterposition kultiviert – ein Beobachten von Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen aus einer Distanz heraus, ohne sich damit zu identifizieren. Diese Praxis kann in ihrer Klarheit und Weite hilfreich sein, besonders dann, wenn das innere Erleben überwältigend oder unstrukturiert ist.


Und doch birgt sie eine subtile Gefahr: Wenn das Beobachten zu einer Art Rückzugsort wird, kann es uns von der Tiefe der Erfahrung abtrennen – anstatt mit der Lebendigkeit zu verbinden.


In meiner Wahrnehmung liegt der Unterschied darin, dass der distanzierte Beobachter "von etwas weiß" – während das Gewahrsein mit dem ist, was sich zeigt. Für mich entsteht wahre Stille in der Hingabe, wo wir nicht mehr kontrollieren oder analysieren, sondern wo wir uns berühren lassen. Ich mag die Analogie des Ozeans und der Welle: Der Ozean stellt hierbei das Gewahrsein dar in dem die Wellen von Gedanken, Gefühle und Körpererleben als Teile unseres Selbst auftauchen.


Daher liegen mir innere Arbeit und das Schaffen von Kapazitäten für wahrhaftiges Erleben am Herzen. Für mich ist es ein sowohl als auch. Aus der Stille heraus entsteht ein Gewahrsein, eine Präsenz aus sich heraus.


Gleichzeitig ist es mir wichtig zu sagen, dass nicht jedes Gefühl mit Druck und der Brechstange durchgefühlt werden sollte – jedenfalls nicht ohne die nötige innere Kapazität oder manchmal auch ohne Begleitung. Manche Emotionen stammen aus sehr frühen Erfahrungen von Ohnmacht oder Alleinsein. Wenn wir uns diesen Zuständen heute zu schnell und alleine aussetzen, kann das eher retraumatisierend wirken als integrierend. Es geht nicht darum, sich in diesen Gefühlen zu „trainieren“, sondern darum, Schritt für Schritt wieder in Kontakt mit Selbstwirksamkeit zu kommen und aus dem erwachsenen Bewusstsein mit einem guten Fundament dem Erleben zu begegnen.


Meditation als Türöffner für innere Prozesse

Es ist oft so, dass anstatt einem tiefen Frieden erstmal ganz schön was los ist, wenn wir uns nach innen wenden. Viele Menschen erleben dann in der Meditation Momente, in denen sich Spannungen oder alte Gefühle zeigen. Echte innere Stille kann sich nur zeigen, wenn wir unseren unverarbeiteten Gefühlen erlauben, ins Bewusstsein zu kommen und die Energie im Körper frei fließen kann. Die dafür notwendige Haltung des Geschehenlassens und die Fähigkeit des Fühlens braucht oft etwas Übung und manchmal auch eine Begleitung und therapeutisches Arbeiten. Erst dann kann wahre innere Stille sich zeigen, die Meditation verspricht.


Meditation kann alte Wunden berühren, emotionale Erinnerungen wecken oder tiefsitzende Sehnsüchte nach Ganzheit hervorrufen. Besonders spirituelle Prozesse verstärken diesen Effekt, indem sie unser Bewusstsein erweitern, aber auch tiefsitzende Themen ins Licht bringen, die gesehen werden wollen.


Da könnte beim Lesen die Frage aufkommen, warum man dann überhaupt sich der Meditation widmen soll. Meiner Erfahrung nach kann mehr Lebendigkeit entstehen und auch eine gewisse Freiheit, wenn wir den alten Strategien nicht mehr zwangsläufig folgen müssen.


Der Körper als integraler Bestandteil

Ein oft übersehener Aspekt der Meditationspraxis ist die Rolle des Körpers. Emotionale Blockaden manifestieren sich häufig in körperlicher Anspannung – und ein verspannter Körper kann den freien Fluss der Emotionen und unserer Lebenskraft behindern. In fernöstlichen Philosophien wird oft von dem Fluss der Lebensenergie "Prana" gesprochen. Wenn wir also den Körper lösen durch körpertherapeutisches Arbeiten, Atemarbeit und die Arbeit mit den Gefühlen, dann ist die Grundlage für das Fließen der Lebensenergie geschaffen.


Ohne diese körperliche Integration bleibt Meditation oft auf einer rein mentalen Ebene und umgeht das vollständige Erleben.


Wirklich im Kontakt sein

Die größte Herausforderung in der Meditation ist es, wirklich präsent zu bleiben – mit allem, was auftaucht. Oft neigen wir dazu, uns in Gedanken zu verlieren oder uns von unangenehmen Gefühlen zu distanzieren. Doch wahre Präsenz bedeutet, den Körper zu spüren und den Gefühlen Raum zu geben. Manche Menschen erleben in der Meditation aber auch etwas ganz anderes: dass der Kopf einfach nicht still wird. Statt Stille entsteht innerer Druck oder ein Gefühl von Scheitern – weil es einfach nicht gelingt, da zu sein oder "nichts zu denken". Ich finde, auch das ist ein wertvoller Moment. Vielleicht geht es nicht darum, still zu werden, sondern neugierig zu werden, was uns da eigentlich so sehr in Bewegung hält. Was hält mich davon ab, zu fühlen? Was will mich ablenken? Nicht immer finden wir die Antworten sofort – aber gerade hier kann Begleitung helfen, diesen inneren Raum liebevoll zu erforschen, statt sich für die Unruhe zu verurteilen.


Mit intensiven Erfahrungen lernen umzugehen – Therapeutische Begleitung als Unterstützung

Manche Erfahrungen können herausfordernd sein, insbesondere starke Emotionen oder energetische Bewegungen. Hier ist es entscheidend, diese Prozesse zuzulassen, ohne sie zu verdrängen oder von ihnen überwältigt zu werden. Es braucht einen inneren Raum, in dem alles sein darf, während wir geerdet bleiben.


Für viele Menschen ist therapeutische Begleitung hilfreich, um diese Erfahrungen zu verarbeiten und tieferliegende Themen bewusst zu integrieren. Besonders bei Traumata oder starken emotionalen Blockaden kann eine Unterstützung wertvoll sein, um die Meditation und die damit verbundenen inneren Prozesse nachhaltig zu integrieren.

Meditation ist eine kraftvolle Praxis, die tief transformierend wirken kann. Doch sie sollte auf einem stabilen Fundament aus Körperbewusstsein und emotionaler Integration stehen. Ohne diesen integrativen Ansatz laufen wir Gefahr, uns unbewusst von uns selbst zu entfernen, statt uns wirklich zu begegnen.


Wenn du merkst, dass Meditation bei dir starke innere Prozesse auslöst und du dir therapeutische Unterstützung wünschst, begleite ich dich gerne auf diesem Weg.


Dieser Artikel und das Schreiben über meine Selbsterfahrung sowie über meine therapeutische Arbeit sind kein Heilversprechen. Es gibt viele innere und äußere Faktoren, die einen Prozess beeinflussen. Die Artikel sollen inspirieren und neugierig machen.


 
 
 

Comments


©2020 Michaela Tomazin

bottom of page